KI-gestützte Protokollierung von Gemeinderatssitzungen - Eine rechtliche Einordnung
Richard
09.12.2024
Einleitung
Die Digitalisierung macht auch vor Kommunen nicht halt. Der Einsatz von KI zur Unterstützung der Protokollierung von Gemeinderatssitzungen wirft bei vielen Gemeinden Fragen zur rechtlichen Zulässigkeit auf. Wir haben am Beispiel der Gemeindeordnung von Baden-Württemberg eine Argumentationsgrundlage für die Verwaltung geschaffen, eine KI-Protokollierung nutzen zu können.
Grundsätzliche Anforderungen der Gemeindeordnung
Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg regelt in § 38 die Anforderungen an die Niederschrift von Gemeinderatssitzungen. Demnach muss die Niederschrift “den wesentlichen Inhalt der Verhandlungen” enthalten, insbesondere:
- Name des Vorsitzenden
- Zahl der anwesenden und abwesenden Gemeinderäte
- Gegenstände der Verhandlung
- Anträge
- Abstimmungs- und Wahlergebnisse
- Wortlaut der Beschlüsse
Diese Anforderungen können durch eine KI-gestützte Protokollierung sogar besonders gut erfüllt werden, da die Software eine strukturierte Erfassung aller relevanten Aspekte ermöglicht.
Rechtliche Rahmenbedingungen für Sprachaufzeichnungen
Öffentliche und nichtöffentliche Sitzungen
Die Aufzeichnung und Verarbeitung der Stimme dient als technisches Hilfsmittel zur Erfüllung der gesetzlichen Dokumentationspflicht und ist damit zur Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liegt.
Für nichtöffentliche Sitzungen gemäß § 35 GemO gelten besondere Schutzanforderungen. Hier muss nichtöffentlich verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Die Gemeinderäte sind zur Verschwiegenheit über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten verpflichtet.
Voraussetzungen für rechtskonforme Aufzeichnungen
Für eine rechtskonforme Aufzeichnung zur Protokollerstellung müssen:
- Die Teilnehmer über die Aufzeichnung informiert werden
- Die Aufzeichnung nur zum Zweck der Niederschrifterstellung erfolgen
- Die Löschung der Aufnahmen nach Fertigstellung des Protokolls sichergestellt sein
- Die Vorgaben des § 38 GemO zur inhaltlichen Gestaltung der Niederschrift eingehalten werden
Datenschutzanforderungen
Grundsätze nach Art. 5 DSGVO
Eine Software muss folgende Grundsätze erfüllen:
- Rechtmäßigkeit
- Zweckbindung
- Datenminimierung
- Richtigkeit
- Speicherbegrenzung
Auftragsverarbeitung nach Art. 28 DSGVO
Die Auftragsverarbeitungsvereinbarung muss regeln:
- Gegenstand und Dauer der Verarbeitung
- Art und Zweck der Verarbeitung
- Art der personenbezogenen Daten
- Kategorien betroffener Personen
- Pflichten und Rechte des Verantwortlichen
- Technische und organisatorische Maßnahmen
Technische und organisatorische Maßnahmen
Nach Art. 32 DSGVO erforderliche Maßnahmen:
- Verschlüsselung der Daten in Ruhe und bei der Übertragung
- Verarbeitung ausschließlich in europäischen Rechenzentren
- Zugriffskontrollen und Berechtigungskonzepte
- Regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen
- Dokumentation aller Verarbeitungsvorgänge
Transparenz und demokratische Kontrolle
- Die Software erstellt zunächst ein vollständiges Transkript als Basis
- Änderungen und Korrekturen sind nachvollziehbar dokumentiert
- Die Gemeinderäte behalten ihre Kontrollrechte
- Die Öffentlichkeit behält Zugang zu den Protokollen öffentlicher Sitzungen
Vorteile für die Verwaltungsmodernisierung
- Effizientere Verwaltungsabläufe mit Reduktion der Nachbereitungszeit um 75%
- Schnellere Veröffentlichung der Protokolle nach Ratssitzungen
- Höhere Qualität und Konsistenz der Protokolle
- Bessere Durchsuchbarkeit und Archivierung
- Entlastung der Verwaltungsmitarbeiter
Fazit
Die KI-gestützte Protokollierung von Gemeinderatssitzungen ist bei Einhaltung der rechtlichen Vorgaben nicht nur zulässig, sondern kann zu einer deutlichen Qualitätsverbesserung der Verwaltungsarbeit führen. Durch die Kombination aus klaren rechtlichen Rahmenbedingungen, technischen Sicherheitsmaßnahmen und demokratischer Kontrolle wird ein hoher Standard an Datenschutz und Transparenz gewährleistet.
Wichtige Hinweise für Gemeinden
- Die finale Verantwortung für die Niederschrift liegt weiterhin bei den zuständigen Amtsträgern
- Regelmäßige Überprüfung der Sicherheitsmaßnahmen ist erforderlich
- Schulung der Mitarbeiter im Umgang mit der Software ist wichtig
- Dokumentation der Verarbeitungsprozesse ist notwendig
Haben Sie Fragen zu dem Thema? Zögern Sie nicht, die Experten von SpeechMind zu fragen! Wir bringen die Erfahrung aus unzähligen Verwaltungen aus Deutschland mit.
Häufig gestellte Fragen
Hier findest du Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen.
Welche konkreten KI-Systeme oder Anbieter sind für Gemeinden geeignet und zugelassen?
Für die Auswahl geeigneter KI-Systeme sollten Gemeinden auf spezialisierte Anbieter im öffentlichen Sektor zurückgreifen, die nachweislich DSGVO-konform arbeiten und Erfahrung mit kommunalen Anforderungen haben. Zertifizierungen und Referenzen aus anderen Kommunen sind wichtige Auswahlkriterien. Bei der Auswahl eines Anbieters sind Kriterien wie Datensicherheit, Verfügbarkeit und Verarbeitungsort zu berücksichtigen. Immer mehr Kommunen setzen dabei auf Anbieter, die die Daten auf Cloud-Verarbeitern, wie Microsoft, Google, Dataport, Amazon, OVH, STACKIT, Hetzner Online oder Kommunalen Rechenzentren verarbeiten.
Wie hoch sind die Kosten für die Implementierung und den laufenden Betrieb eines KI-gestützten Protokollierungssystems?
Im Gegensatz zu OnPremise Software-Produkten, deren Kosten zwischen 25.000€ und 50.000€ starten für eine mittelgrße Kommune, kann mit einer Cloud-Protokollierung niedrigschwellig schon für unter 500€ gestartet werden. Es fallen keine hohen initialen Gebühren an, sondern nur monatliche Lizenzkosten.
Wie wird sichergestellt, dass die KI Dialekt, Fachbegriffe und lokale Besonderheiten korrekt erfasst und protokolliert?
Moderne KI-Systeme können durch Training bzw. Glossar-Ergänzung mit lokalem Vokabular und Fachbegriffen angepasst werden. Eine initiale Trainingsphase von 2-3 Sitzungen ist üblich, in der das System Dialekte und spezifische Begriffe lernt. Zusätzlich überprüft ein Verwaltungsmitarbeiter die Protokolle und korrigiert bei Bedarf, wodurch das System kontinuierlich dazulernt.